9flats.com

April 28, 2011

Ich komme gerade aus „Wasser für die Elefanten“. Der Filmtitel kommt exakt einmal im Film vor. Einige Zirkusleute rufen beim Kartenspiel, man suche noch einen Mann, der Wasser für die Elefanten hole. Das ganze Szenario spielt 1931. Meine ich. Es ist erzählerisch eine Rückblende. Und ich dachte nach 20 Minuten, dass Reese Witherspoon, geboren im März irgendwann in New Orleans, meine ich, also, dass Reese Witherspoon eine schöne, fast transparente Haut hat. Und womöglich schon einmal in so einem Film eine Hauptrolle gab. Irgendwann vor zehn Jahren. Sie war jung und ein Typ aus der falschen Gesellschaftsschicht hatte sich in sie verliebt. Oder so ähnlich. Kurzum, der Film ist okay, aber nicht mehr. Der alte Mann, der als Erzähler auftritt, bekommt am Ende eine Stelle als Kartenverkäufer in einem Zirkus. Dieses ewige Schleifchenbinden um einen Kinofilm geht mir etwas auf den Wecker, aber das kaufe ich wohl mit. Ich war nachmittags drin, neben mir saßen noch zwei junge Mädchen in der letzten Reihe. Hansa-Kino eben. Vielleicht 15 oder 16 Jahre alt. Wenig, erster Tag, vielleicht ein bisschen zu wenig. Im Grunde wollte ich was ganz anderes schreiben. 9flats.com – das hätte ich auch gründen können. So ein Internet-Start-up, der einen zum Vorzeigeavangardisten macht und finanziell besser aufgestellt erscheinen lässt. Angefangen hatte aber alles mit Proust. Sein Monumentalwerk mit dieser Suche nach der Zeit, ich habe es nie geschafft. Und jetzt gibt es eine Quasizusammenfassung. Metaphernreich mit Kirchenfenstern. Und den verschiedenen Blicken des Gesamtwerks. Ich weiß nicht, ich war nicht schlauer nach der Rezension. Eher irritierter. Wenngleich ein Satz mir noch in Erinnerung ist: Der Wettlauf zwischen erlebter und erzählter Zeit. Und genau das wollte ich sagen: Jetzt. Es gibt nur die Gegenwart. Alles andere ist Illusion. Erfunden, damit nicht alls gleichzeitig stattfindet.

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White is not the new black

April 3, 2011

Mein Leben kommt hervorragend ohne mich zurecht. Die Miete wird automatisch abgebucht, mein Handyvertrag verlängert sich von allein, meine Mülltonne wird vom Hausmeister rausgestellt. Und jedes Jahr erfindet Apple ein neues Gerät, das eine Funktion hat, die ich noch nicht hatte (Rotwein bestellen). Leben 2.0 – mein Leben ohne mich. Bin mal gespannt, ob mein Leben irgendwann mal anruft und sagt: „Alter, kannste nicht mal vorbeikommen, hier geht’s drunter und drüber. So ohne dich.“

Letzte Woche ging ich durch unsere Fußgängerzone. Und vor dem Jack & Jones war ein Spruch für die Mode von morgen zu lesen. „White is the new black“. Und ich dachte, wie beknackt ist das denn jetzt. Die Zerknirschung war von geringem Ausmaße, aber daheim dachte ich, da schreibe ich jetzt mal einen Brief an die ZEIT, damit die sich dieser ereignisverzerrten Labelwelt annehmen mögen. In einem Text. Denn Tee ist ja nicht der neue Kaffee und Rügen nicht das neue Sylt. Und überhaupt. Kann nicht mal was so bleiben wie es ist. Ich meine, nicht alles sollte grundsätzlich überdacht werden. Aber zu diesem Text wird es nicht kommen, ich las ein Interview in der ZEIT, mit Monica Lierhaus. Und jetzt schreibe ich dazu einen Leserbrief. Ich wollte mich erst beschweren, aber das lasse ich. Weil ja die meisten Menschen keine Souveränität haben im Entgegennehmen von Beschwerden.